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Mus minutoides
Unsere Afrikanische Knirpsmaus Invasion


© Anke Kistner (2002)


Die Invasion der Knirpse bei uns begann, als ich in einem Zoogeschäft ein klitzekleines Pärchen Mäuse entdeckte. Mit riesengroßen, schwarzen Kulleraugen und "Riesenohren", seidig glänzend hellbraunem Fell sowie weißem Bäuchlein, hockten die beiden, ca. 4 cm langen, Mäuschen in einer Ecke zusammen gekuschelt. Als eingefleischter "Puscheltierfan" war ich natürlich sofort fasziniert und mochte mich kaum trennen .
Einige Zeit später zog ein Pärchen Afrikanische Knirpsmäuse in unseren restlichen Gecko-, Fisch-, Frosch-, und Vogelzoo ein. Mein Freund hatte sie mitgebracht... was mich eigentlich mißtrauisch hätte machen müssen. Denn die Knirpse benötigen doch ein - von ihm sonst für seine eigenen Lieblingstiere heiß verteidigtes - Aquarium oder Terrarium. Selbst ein schöner, warmer Standort wurde von ihm bereitwillig organisiert. Komisch fand ich nur kurz, dass es ein Pärchen ist, wo ich doch in meiner bisherigen langjährigen Mäuse-, und Nagerlaufbahn immer nur gleich geschlechtliche Paare gehalten habe. Nun denn, hatte er wohl vergessen...  

Als Behausung bekamen sie - widerstandslos! - ein leeres Aquarium (L 80 cm, H 40 cm, B 35 cm) mit Hobelspänen, Heu, Korkeichenrinden zum unterhöhlen, vielen kleinen, dünnen Ästen zum klettern und Pappröhren zum Nestbau und spielen, eingerichtet. Da der Nahrungsbedarf der kleinen, flinken Puscheltierchen sehr hoch ist haben wir eine leere Heimchendose (praktisch, weil durchsichtig) halbvoll mit einer Mischung aus Vogelfutter, Meerschweinhauptfutter, Haferflocken und anderen Lecker- und Knabbereien gefüllt. Weil unsere anderen Tiere, zur Stärkung ihres Knochenbaus, regelmäßig Korvimin ZVT bekommen, wurde auch ihr Futter mit einer geringen Menge versetzt. Alle 2 Wochen wird das Futter komplett erneuert, und ein Teil der alten Körner in die Streu gekippt. So ist eine beständige Futterreserve für die immer hungrigen Knirpsmäuse gesichert .

  Um den großen Wasserbedarf unserer Minis zu stillen, haben wir eine Nippeltrinkflasche zum saugen in das Terrarium gehangen. Meine Sorge, sie könnten nicht damit umgehen, war völlig unbegründet. Die Abdeckung ist aus sehr festem, (unbedingt!) feinmaschigen, viereckig gelötetem Draht (Baumarkt) selbstgemacht. Hantieren sollte man in der Behausung sicherheitshalber nur, wenn die kleinen, quirligen Winzlinge schlafen. Eine Garantie, einen Ausreißer wieder einfangen zu können, gibt es nicht.

Seitdem verbringe ich abends viel Zeit vor dem Terrarium, um die possierlichen, kleinen Nager bei ihren nächtlichen Ausflügen zu beobachten. Eines Abends habe ich eine ungewöhnliche Aktivität des Weibchens beobachtet; sie mühte sich ab etwas aus dem Heu nach oben zu zerren. Das vermeintliche Futter, wie ich erst dachte, entpuppte sich als noch klitzekleineres, rosafarbenes, ein wenig strampelndes, lebendiges - Knirpsmäuschenbaby! Die Schwangerschaft ist uns nicht aufgefallen, ihre "Rundungen" haben wir dem reichlichen Futter zugeordnet. Somit waren es 3! Knirpsmäuse gebären 2-5 Junge pro Wurf. Die Freude über "unseren" - wenn auch einzelnen - Nachwuchs war groß. Allerdings hätte ich mich über die (ein bißchen zu enthusiastische?) Freude meines Freundes doch etwas wundern sollen
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Da die Jungen, nach etwa 20 Tagen Tragezeit, rosa und nackt auf die Welt kommen, muss es ca. 8 Tage alt gewesen sein, denn der Ansatz des grauen Jugendfells, das später braun wird, war schon zu erkennen. Die Augen waren noch geschlossen und die Bewegungen sehr unmotorisch. Doch fast zwei Wochen später ist es mit seinem graubraunen, seidigem Fell schon wie ein kleiner "Spring-ins-Feld" durch das Terrarium gehopst. Nachdem ich das Junge das erste Mal entdeckt hatte, stellte ich einen kleinen flachen Blumenuntersetzer als zusätzliche Futterquelle hinein.  
Zudem habe ich aus gequetschter Banane, Honig und mit Wasser versetztem Aptumil-Baby-Pulver, einen Brei angerührt, den ich in eine Petrischale gefüllt habe. Die Knirpsmäuse haben zwar in dem Brei gesessen, aber gegessen haben sie ihn nicht. Bald schon konnte ich beobachten, dass der kleine Knirps behende von allein in die Futterbox hinein und hinaus sprang. Eines Abends, beobachtete ich einen Mini beim Körner schälen im Futternapf, ein anderer saß genüßlich knabbernd auf der Gurke, ein Knirpschen balancierte auf einem Ast, ein anderes wiederum sauste wie der Blitz durch die Streu .
  Moment mal...und schnell noch einmal nachgezählt. Tatsächlich! Unsere Mäusemama hatte 2 Junge zur Welt gebracht. Da waren es 4! Ab sofort gab es größere Stücken Gurke, die Kolbenhirse wurde aufgestockt und das Wasser öfter nachgefüllt. Auch die getrocknete Bachflohkrebsration wurde erhöht. Tierische Proteine und Eiweiße sind unbedingt zu füttern, um eine ausgewogene Ernährung zu gewährleisten. Als unsere Knirpsmausmama wieder zunahm, haben wir es diesmal nicht auf das viele Futter geschoben. Trotz intensiver Beobachtung haben wir, außer leisem fiepen, nichts von den Babys mitbekommen.

Nun halten Knirpsmäuse selten still und treten leider auch nicht zum zählen an. Die Idee, sie mit bunten Punkten zu versehen, wäre wirklich die einzige Methode heraus zu finden, ob nicht gerade viermal dieselbe Maus an einem vorbei geflitzt ist. Also konnten wir nur abwarten. Irgendwann stellte sich heraus das man nie mehr als 6 Mäuse auf einmal sah. Somit waren es 6! Ab sofort ging es recht lebhaft im Mausterrarium zu. Zu allererst kommt ein "Späher" ein paar Runden durch das Terrain geflitzt. Dann passiert - gar nichts. Will man gerade wieder gehen, schaut heimlich doch schon das erste rosa Näschen schnüffelnd aus einem Eingangsloch.
Und plötzlich sind sie alle da: im Futternapf, der Pappröhre, im Heu oder auf einem Ast. Hängt man ein paar schmale Papprollen in die Äste, und versieht sie mit Leckereien, oder bindet Körnerknabberherzen für Vögel mit Paketschnur frei schaukelnd an die Äste, ist der Spaß schon inszeniert :-). Jedenfalls scheint es unseren Puscheln ebenso Freude zu machen wie uns.

Weil Knipsmäuse winzige Wesen sind, und winzige Wesen winzigen Unrat fabrizieren, haben wir den ersten "Generalputz" des Terrariums nach ca. 2 ½ Monaten durchgeführt. Wir beschlossen die gesamte Streu auszuwechseln. Dazu mussten unsere Knirpse erst einmal umziehen. Als vorübergehendes Quartier diente ein kleines Plastik-Transportterrarium, mit etwas Streu und Heu als Bodengrund und - besser ist das - einer Abdeckung, damit wirklich niemand ausreißen kann. Zuerst wurden die Äste entfernt. Vorsichtig haben wir die Streu Hand für Hand aus dem Terrarium genommen, und uns Ecke für Ecke vorgearbeitet. Unsere Knirpsmäuse haben ein gut angelegtes unterirdisches Netz von Gängen, und ständig gab es neue Ein-, und Ausgänge, so dass wir nicht genau wußten wo sich das Nest befindet
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Nach und nach kamen vereinzelte Minis zum Vorschein, die wir ganz behutsam in eine leere Plastikschachtel gescheucht und so umgesetzt haben. Bald gab es nur noch eine Möglichkeit für das Nest - unter der großen Korkeichenrinde. Mittlerweile zählten wir 3 zusammenkauernde, schlotternde, ängstliche Mäuschen in dem Ausweichbehältnis. Mußten also noch 3 in dem Nest sein. Ganz langsam hoben wir dann (welch spannender Moment!) die Korkeiche an, und siehe da! Das Nest. Stille. Zählen. Noch mal nachzählen. Wieviel hast du gezählt? Da drüben haben wir ja auch noch die 3. Addiert man die ausgewachsenen 6 und die kleinen rosafarbenen 5 Miniminimäuse, dicht gedrängt in dem Nest, dazu ... dann sind es - 14!.  
Der anfängliche Unglauben wich dem Erstaunen und dann der Freude. Es sah putzig aus: 5 nackte kleine, strampelnde rosa Mäusebabys an (und unter) das weiche Fell der restlichen Knirpse gekuschelt. Wahrscheinlich haben wir die armen Mäuschen mit unserer Putzaktion völlig verschreckt, denn keine machte Anstalten zu entfliehen, als wir eine nach der anderen behutsam umgesetzt haben. Da Knirpsmäuse sehr klein und zart gebaut sind, ist die Gefahr ihnen innere Verletzungen zuzuführen, sehr groß. Es sollte möglichst vermieden werden, sie mit der Hand anzufassen. Diese Mäuseminis sind keine Streicheltiere (!) und sollten nur zum beobachten gehalten werden. Schließlich waren noch 5 Winzlinge und 2 größere Mäuschen auf dem Nest. Vorsichtig schoben wir einen kleinen flachen Teller darunter und setzten sie zu den anderen. Da war sie nun - dieser wuselige, fellige und nackte Kuschelhaufen - unsere Knirpsmausinvasion! .
  Seltsame Zwiegespräche meines Freundes mit seinem großen Lieblingsgecko schreckten mich aus meinen Babyknirpsmausträumen. Leckeres neues Futter wurde ihm demnächst versprochen! Wir hatten doch gerade erst ein Postpaket Grillen und Heimchen bekommen... Moment mal, so war das eigentlich nicht gedacht, mit unseren süßen, kleinen puscheligen Mitbewohnern. Von wegen vergessen, absichtlich ein Pärchen! Mein Einwand, in Afrika gäbe es keine madegassischen Taggeckos die Knirpsmäuse auf dem Speiseplan hätten, wurde mit der Begründung "dann haben sie andere Freßfeinde" erwidert.

Angesichts der doch sehr rasch ansteigenden Mäusepopulation in unserem, zwar geräumigen aber dennoch irgendwann begrenztem, Terrarium mußten wir überlegen, wie es weitergehen sollte. Zu groß sollte die Gruppe nicht sein, damit keine Revierkämpfe und Beißereien untereinander stattfinden oder bei Überpopulation die eigenen Jungen aufgefressen werden. Wir einigten uns - nach langen Diskussionen - darauf zumindest einen Versuch zu starten (vielleicht mag er gar keine Mäuse???).
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Eines dieses armen, süßen, kleinen Winzlinge wurde nun von seinen Geschwistern getrennt und in eine kleine Extrabox gelegt. Ich hatte beschlossen, für den Rest des Tages dieses Zimmer nie mehr zu betreten. Die Extrabox wurde ohne Deckel (schluchz) in das Terrarium meines Freundes Lieblingsfreundes gestellt. Gramgebeugt und voll drückendem Gewissen schlich ich um das Zimmer herum. Auch der Gedanke an die restlichen 13 Knirpsmäuschen konnte mich nicht trösten.  
Nach 1 ½ Stunden habe ich vorsichtig nachgefragt. Es lag in der Box und kein Haar war ihm gekrümmt. Weitere 2 Stunden lag es immer noch unversehrt dort. Meines Freundes großer Lieblingsgecko saß träge auf einem Ast und sah gar nicht hungrig aus. Am Abend hat der kleine Knirps selbst meinem Freund leid getan. Der Lieblingsgecko machte, nach wie vor, einen vollkommen unbeteiligten Eindruck an dieser ganzen Aktion. .
  Wir hatten das Knirpsbaby vorsichtig angefaßt, als wir es trennten, und wußten nicht ob es danach von seiner Gruppe wieder angenommen wird. In einer Petrischale haben wir es zurück zu seiner Mäusefamilie in das Terrarium gelegt. Neugierig schlichen wir abends um das Terrarium, um zu sehen, was passiert. Irgendwann war die Petrischale leer, es konnte sich noch nicht groß bewegen, also ist es von den anderen zurück in das Gemeinschaftsnest geholt worden! Bislang ist keines mehr unserer großen Schar, kleiner Afrikanischer Knirpsmäuse, dem großen madegassischen Lieblingsgecko zum Festbraten vorgesetzt worden.

Portrait:
Die Afrikanische Knirpsmaus - Mus minutoides - ist mit einer Kopf- Rumpflänge von ca. 4-5 cm (Männchen sind etwas kleiner) ausgewachsen. Sie ist, neben der Zwergmaus und der Europäischen Knirpsmaus, die kleinste Mäuseart der Welt. Beheimatet ist sie in ganz Afrika südlich der Sahara, vorwiegend lebt sie in allen Gras-, und Buschsteppen, sofern Wasser in der Nähe ist. Bedingt durch ihren zierlichen Körperbau haben sie einen sehr großen Energieverbrauch und überaus hohen Stoffwechsel. Ständig sind sie deshalb auf Futtersuche und hamstern in ihren Backentaschen für den späteren Verzehr. Flüssigkeit ist lebenswichtig, Knirpsmäuse müssen sehr viel trinken
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Sie benötigen ein ausgewogenes Futterangebot. Wir reichen eine Mischung aus Vogelfutter, Kolbenhirse, Meerschwein-, Hamster-, oder Kaninchenfutter, angereichert mit Blütenpollen, getrockneten Beeren und Früchten sowie - sehr beliebt - getrockneten Bachflohkrebsen (Gammarus). Versetzt wird das Ganze mit ein wenig Korvimin ZVT, zur Stärkung des Knochenbaus. An frischem Gemüse ist bisher nur Gurke angenommen worden, wovon sie jeden Tag ein großes, frisches Stück bekommen. Am besten probiert man aus, was "seine" Knirpse am liebsten mögen. Auch bei einem Transport benötigen Knirpsmäuse ständig Futter und Wasser zur Nahrungsaufnahme!  
Hält man zu große Gruppen, kann es zu Beißereien und Kanibalismus unter den - sonst recht friedlichen - Tieren kommen. Sie benötigen ein ausreichend großes Terrain zum springen, toben und flitzen, mit einer Einrichtung, die diesen Bedürfnissen gerecht wird. Dazu sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt: Hamsterstreu, frisches Heu, Papprollen, Zweige, kleine Wurzelstümpfe, Kokosnusshälften, Korkeichenrinde u. v. m. werden gern von ihnen als Behausung angenommen. Die Raumtemperatur sollte konstant - auch nachts! - zwischen mindestens 20 - 25 °C betragen, so kleine Wesen kühlen sehr leicht aus. .
  Nach einer Tragezeit von ca. 20 Tagen gebären die Weibchen 2-5 Junge. Die nackten rosa Jungtiere öffnen nach ungefähr 12 Tagen ihre Augen und besitzen mit ca. 18 Tagen ihr graubraunes Jugendfell. Adulte Weibchen sind größer als die Männchen.
Knirpsmäuse sind keine Streicheltiere (!) und sollten nur von ebenso nachtaktiven Menschen gehalten werden, damit man sie auch beobachten kann.
(Und Afrikanische Knirpsmäuse stehen in der Natur nicht auf der Speisekarte madegassischer Taggeckos)



Anmerk. d. Red.:
Nestjunge Mäuse können durchaus auf dem Speiseplan der großen Phelsumenarten stehen. Das Weibchen hat sie so gierig aufgenommen, das sie dem Männchen sogar noch die zweite Maus aus dem Maul gerissen hat. Das Ergebniss war ein überfressenes Phelsumenweibchen - und ein riesen Trara mit meiner Freundin...


Fazit:
Da sich eine explodierende Population von Knirpsmäusen (die dazu noch von einer tollwütigen Puscheltierfanatikerin bewacht wird) nicht mit einem Phelsumenpärchen kleinhalten läßt, sollte man(n) sich auf ein Geschlecht beschränken...